Ein Traumwinter im Dezember 2022 neigt sich im Harz dem Ende. Kälte, Schnee und Sonnenschein hatten die Landschaft verzaubert. Große Schneeblumen und Eiskristalle funkelten hell im Sonnenlicht. Ein Maulwurfshügel, an dessen Flanken sich extra große Eisblumen gebildet hatten, wurde zu einem kurzzeitigen Kunstwerk.
An vielen Orten an den Rändern von den Harzbergen waren es seltenere Fernsichten, die die Menschen faszinierten: Durch Dunst und Nebel im sonst flacheren Land wurde die Landschaft räumlich sichtbar. Schon kleinere Erhebungen guckten hervor. Durch die Umkehr der üblichen Temperatur, bei der die höheren Luftschichten wärmer sind als die unteren Luftschichten war es im Harz vielerorts sonnig und wärmer, als im Umland. Trotz des – für Harzer Verhältnisse – wenigen Schnees waren das seltene Blicke und Erlebnisse.
Das Brockenbuch, „Der Brocken – ein freier Berg“ ist ein Zeitzeugnis über fast 50 Jahre, die den Umbruch und den Landschaftswandel auf dem Brocken und seinem Umfeld festgehalten haben. Es ist eine Erinnerung und ein tolles Geschenk zu Weihnachten, aber auch zu vielen weiteren Anlässen.
Am 3. Dezember 1989 bin ich von Ilsenburg aus zum ersten Mal auf den Brocken gewandert. Überall in Deutschland waren die Mauern und Zäune schon gefallen, nur der Brocken wurde der Öffentlichkeit weiter vorenthalten. So hatten einige Menschen aus Schierke, Ilsenburg und Wernigerode zu einer Sternwanderung auf den Brocken aufgerufen.
Davon hatte ich durch einen glücklichen Zufall erfahren. Für mich war klar, dass ich dabei sein wollte. Bei schönstem Wetter fuhr ich früh über den offenen Grenzübergang zwischen Eckertal und Stapelburg. Damals benötige ich noch den Mehrfachberechtigungsschein, mit dem ich 30 Mal im Jahr in die DDR einreisen konnte. Die Visumpflicht wurde erst zu Weihnachten 1989 aufgehoben.
Von Ilsenburg zog ich gemeinsam durch das Ilsetal. Kurz vor Bereichen der Brockenstraße lag Knöchel-hoher Schnee. Von dort aus ging es im Gänsemarsch aufwärts.
Als wir die Brockenstraße erreichten, trauten wir unseren Augen kaum: Dort standen DDR-Grenztruppen mit einer Gulaschkanone und versorgten die Brockenwanderer. Von dort aus ging es weiter, auf der linken Seite lag der Wurmberg mit seinem „Nato-Turm“ vor uns. Obwohl wir noch nicht oben angekommen waren, kamen uns zahlreiche Wanderer entgegen. Sie hatten aufgegeben, weil das Brockentor verschlossen war. In Anbetracht der vielen „Nachrücker“ fassten die meisten neuen Mut und kehrten ein weiteres Mal zu Brockentor zurück.
Das Brockentor war ein massives Eisentor, an das auf beiden Seiten die 3,66 Meter hohe Brockenmauer anschloss. Sie kannte ich nur aus der Ferne. Mit Fernglas oder Teleobjektiv war sie vom Westen gut zu erkennen.
Im Innern des abgegrenzten Areals waren Sicherheitskräfte, die sie aber in die Gebäude zurück gezogen hatten. Vor dem Tor verhandelte Major Manfred Schulz mit den Wanderer, die an diesem Tag Demonstranten waren. Die Verhandlungen wurden mehrfach unterbrochen, weil Manfred Schulz mit „Berlin“ telefonierte, um sich Instruktionen einzuholen. Am Ende fassten er selbst die unumgängliche Entscheidung, und wollte das Tor für Kleingruppen öffnen.
Aber in Anbetracht der nachdrückenden Menschen vor dem Tor und der Minderheit der Sicherheitskräfte waren seine Worte sofort Makulatur – alle Demonstranten strömten auf das Brockenplateaux und genossen dort oben einen bis heute unvergesslichen Tag.
Bilder dieses Tages finden sie in meinem Brockenbuch „Der Brocken – ein freier Berg“.
In den folgenden Jahren hat sich der Brocken verändert und wurde von vielem Schutt und Müll befreit. Die russischen Streitkräfte hatte dort bis 1994 den wichtigsten Stützpunkt ausserhalb von Russland, bevor sie ihn am 30. März 1994 verließen.
Auch im Westharz räumten die Geheimdienste aus den USA, Frankreich und England ihre Spionageberge. Vieles davon finden sie auch in meinem Brockenbuch.
„Die Mauer wird so lange bleiben, wie die Bedingungen nicht geändert werden, die zu ihrer Errichtung geführt haben. Sie wird auch noch in 50 und auch in 100 Jahren noch bestehen bleiben, wenn die dazu vorhandenen Gründe nicht beseitigt sind.“ – auf einer Tagung aus Anlaß des 500. Geburtstages von Thomas Müntzer am 19. Januar 1989, NEUES DEUTSCHLAND vom 20. Januar 1989,
Im Brockenbuch ist die Zeitgeschichte im Harz ausführlich in Bildern und informativen Bildunterschriften festgehalten. In der Zeit des Kalten Krieges standen sich die Supermächte mit ihren Spionageanlagen auf der Welt nirgends so geballt gegenüber, wie im Harz: Auf dem Brocken hatte der Geheimdienst der Russen seine Lauscher bis weit in den Westen ausgestreckt. Das Ministerium für Staatssicherheit der DDR spionierte westliche Politiker vom Brocken aus.
Im Westharz waren alle hohen Berge mit Abhöranlagen der USA, Frankreichs und der Bundesrepublik Deutschland bebaut und besetzt. Sie spionierten weit in die Warschauer-Pakt-Staaten hinein.
Dieser Status Quo, der Abzug Truppen und der Abbau der Geheimdienstanlagen sind ausführlich im Brockenbuch zu finden.
Dann erfolgte der Wandel von einem Schuttberg (der Brocken) zu einem einzigartigen Naturparadies – dem Nationalpark Harz, ein Prozess, der fast 30 Jahre gedauert hat.
Das „Brockenbuch“ ist ein fotografisches Langzeitprojekt, dass die Geschichte festgehalten hat. Vieles, was in dem Buch abgebildet ist, ist schon lange Geschichte.
Das Buch ist hier versandkostenfrei bestellbar. Solange vorrätig gibt es eine historische Postkarte dazu.
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