Vor 35 Jahren: Befreiung des Brockens

Aus "Der Brocken – ein freier Berg"

28 Jahre waren die Berliner Mauer und der Brocken das Symbol der deutschen Teilung und des Kalten Krieges. Am 9. November 1989 reagierte die DDR-Regierung mit Reiseerleichterungen auf den Ausreisestrom und monatelange Massenproteste – die Mauer war geöffnet.

Nachdem deutschlandweit die Schlagbäume ihre Funktion verloren hatten, gab es Ende November 1989 immer noch wenige Orte, die der Öffentlichkeit vorenthalten  wurden. Dazu zählte der Brocken. Aber auch im Harz begann sich Widerstand gegen die letzte wichtige Festung der DDR zu regen.

Der Spionageberg war durch eine 1,54 Kilometer lange und 3,6 Meter hohe Mauer geschützt.

 

 

Vor allem die Einheimischen begehren auf. Das waren vor allem Heimatverbundene Wanderfreunde, die den Brocken noch aus der Zeit vor der Schließung im August 1961 kannten. Nach 28 Jahren Stillstand wollten sie den Berg aus dem militärischen Dornröschenschlaf holen und für die Öffentlichkeit zurückerobern. Ein in Ilsenburg gebildetes Komitee um Burkhard Jüttner formuliert erste politische Forderungen und trägt sie in die Öffentlichkeit.

Ende November meldet Jüttner beim stellvertretenden Vorsitzenden der Abteilung Inneres des Rates des Kreises Wernigerode schriftlich eine Demonstration in Ilsenburg mit anschließendem Marsch zum Brocken an. Termin: der erste Advent 1989.

Doch es gibt Einwände von offizieller Seite: Militärische Sperrgebiete dürfen nicht betreten werden, das könne nur in Berlin entschieden werden. Dafür sei die Zeit für die Anmeldung zu knapp.

Es kommt keine Einigung zustande. Ohne formelle Genehmigung, dafür aber mit viel Enthusiasmus, lanciert Jüttners „Komitee zur Öffnung des Brockens“ Annoncen in Bad Harzburg und lässt folgende Erklärung in den Kirchen der Region verlesen: „Macht den Brocken frei! Der Brocken ist ein nationales Symbol von hoher kultureller Bedeutung. Die Älteren haben ihn noch bestiegen, die Jüngeren kennen ihn nur von unten, denn seit Jahren wird er dem Volk der DDR vorenthalten. Dafür, dass der Gipfel wieder frei wird, möchten wir mit einem Marsch zum jetzt zugänglichen Teil des Brockens demonstrieren. Macht mit! Treffpunkt: Ilsenburg Markt, Sonntag, den 3.12.1989, 9 Uhr. Marschroute: Ilsetal, Ilsefälle, Namenstein, Eiserner Handweiser, Kreuzung Chaussee-Brockenstrasse.“

Der Zugang endet offiziell allerdings schon lange vor dem Brocken, an den Bahnschienen. Ab dort lassen Grenzsoldaten niemanden mehr durch. Eine missverständliche Meldung im Lokalteil des SED-Zentralorgans „Volksstimme“ sorgt drei Tage vor der geplanten Demonstrationen für weitere Irritationen. Dort heisst es, „dass durch Veränderungen des Grenzgebiets wesentliche Teile des Brockengebiets jetzt zugänglich seien“.

Nicht aber das Plateau selbst. Die Überschrift lautet dagegen: „Brockentour kein Traum mehr“. Zeitgleich befestigt der Schierker Elektromeister Werner Vesterling einen handgemalten Zettel im Schaufenster seines Ladens: „Neues Forum. Demonstration am 3.12.89, Thema Öffnung des Brockens für Jedermann. Treffpunkt Schierker Marktplatz, Kirche, Karl-Marx-Str., Abmarsch 10 Uhr.“ Damit ist die Konfusion nun endgültig perfekt. Auch für die DDR-Oberen.

Durch einen glücklichen Zufall hatte ich damals vom Sternmarsch zum Brocken erfahren. Für mich war klar, dass ich dabei sein wollte. Bei schönstem Wetter fuhr ich früh über den offenen Grenzübergang zwischen Eckertal und Stapelburg. Damals benötige ich noch den Mehrfachberechtigungsschein, mit dem ich 30 Mal im Jahr in die DDR einreisen konnte. Die Visumpflicht wurde offiziell erst zu Weihnachten 1989 aufgehoben.

Von Ilsenburg zog ich gemeinsam mit vielen anderen durch das Ilsetal. Kurz vor Erreichen der Brockenstraße lag Knöchel-hoher Schnee. Von dort aus ging es im Gänsemarsch aufwärts.

Als wir die Brockenstraße erreichten, trauten wir unseren Augen kaum: Dort standen DDR-Grenztruppen mit einer Gulaschkanone und versorgten die Brockenwanderer mit Bockwurst. Von dort aus ging es weiter, auf der linken Seite lag der Wurmberg mit seinem „Nato-Turm“ vor uns. Obwohl wir noch nicht oben angekommen waren, kamen uns zahlreiche Wanderer entgegen. Sie hatten aufgegeben, weil das Brockentor verschlossen war. In Anbetracht der vielen „Nachrücker“ fassten die meisten neuen Mut und kehrten ein weiteres Mal zu Brockentor zurück.

Das Brockentor war ein massives Eisentor, an das auf beiden Seiten die 3,66 Meter hohe Brockenmauer anschloss. 

Im Innern des abgegrenzten Areals waren Sicherheitskräfte, die sich in die Gebäude zurück gezogen hatten. Vor dem Tor verhandelte Major Manfred Schulz mit den Wanderern, die an diesem Tag Demonstranten waren. Die Verhandlungen wurden mehrfach unterbrochen, weil Manfred Schulz mit „Berlin“ telefonierte, um sich Instruktionen einzuholen. Am Ende fasste er selbst die längst unumgängliche Entscheidung: Das Tor sollte für Kleingruppen geöffnet werden.

Brockenöffnung
Freier Brocken, freie Bürger. © Hansjörg Hörseljau.

In Anbetracht der nachdrückenden Menschen vor dem Tor erwies sich diese Entscheidung sofort als überholt – alle Demonstranten strömten auf das Brockenplateaux und genossen dort oben einen bis heute unvergesslichen Tag.

Freudenfest am 3. Dezember 1989 auf dem Brocken © Hansjörg Hörseljau.

In den folgenden Jahren hat sich der Brocken verändert und wurde von vielem Schutt und Müll befreit. Die russischen Streitkräfte hatte dort bis 1994 den wichtigsten Stützpunkt ausserhalb von Russland, bevor sie ihn am 30. März 1994 verließen. Die ehemalige russische Brockeneinheit wurde nach Kaliningrad verlegt und spioniert von dort aus den „Westen aus. Von dort aus ist sie heute in den Angriffskrieg gegen die Ukraine eingebunden.

Auch im Westharz räumten die Geheimdienste aus den USA, Frankreich und England ihre Spionageberge. Ohne Zeitzeugenwissen ist davon kaum noch etwas in der Harzer Landschaft zu finden.

In meinem Brockenbuch „Der Brocken – ein freier Berg“ habe ich die historischen Ereignisse und den Wandel nach dem Mauerfall und der friedlichen Revolution festgehalten.

Auf dem Brocken wird das Gedenken an den 3. Dezember 1989 durch den Harzklub wach gehalten.

 

 

 

Die Brockenmauer
Bildband „Der Brocken – ein freier Berg“ von Hansjörg Hörseljau.

Mein Grenzübertritt am 11. November 1989 ohne Visum.

Mein erster Besuch der DDR ohne Visum am 11. November 1989.

Bereits am 10. November bin ich in Duderstadt gewesen, um die Öffnung des Grenzübergang zu beobachten und zu fotografieren. Daher entschied ich, auch am folgenden Tag (am 11. November 1989) nach Duderstadt zu fahren.

Sturm auf die Sparkasse in Duderstadt. 

 

Bereits vor Öffnung der Geschäfte tuckerten die Trabi´s und Wartburg´s zahlreich Richtung Duderstadt und die Gassen der Altstadt von Duderstadt. Besonders vor den Türen der Sparkasse sammelte sich eine große Menschenmenge. Traditionell gab es dort für jede Bürgerin und jeden Bürger das einmalige Begrüßungsgeld in Höhe von 100 Mark.

Erst danach suchten die Menschen nach Discountern und Drogeriemärkten. Dort war der Ansturm so groß, dass viele Artikel und Waren schon nach kurzer Zeit ausverkauft waren.

In den Gesichtern der Menschen war Anspannung und Glück und Freude zu sehen. Die Menschen schienen erweitert, dass am Ende die Menschen aus der DDR hin und her pendeln konnten.

Stau nach Westdeutschland. © Hansjörg Hörseljau

 

Für Menschen aus Westdeutschland galt das zu dieser Zeit noch nicht. Offiziell benötigten sie immer noch ein Visum oder den Mehrfachberechtigungsschein zum Besuch der DDR. Die Visumspflicht wurde erst zu Weihnachten 1989 aufgehoben.

Ich ging zu Fuß zum Grenzübergang nach Teistungen. Dort erlebte ich, wie grade der Puspendelverkehr zwischen den beiden Grenzübergangsstellen Gerblingerode (BRD) und Teistungen (DDR) eingerichtet wurde. In den ersten oder zweiten Bus bin ich einfach eingestiegen.

Ein Passkontroleur fragte zwischendurch, ob ausser DDR-Bürger noch andere Menschen im Bus seien? Da sich keiner meldete, waren wir kurze Zeit später in Teistungen. Von dort aus bin ich dann zu Fuß Richtung Berlingerode gelaufen, habe einfach nur gestaunt, beobachtet und fotografiert.

Stau Richtung Westen in Teistungen am 11.11.1989. © Hansjörg Hörseljau

 

Am späten Nachmittag war ich wieder in Teistungen und von dort aus ging es wieder über die Grenze zurück nach Duderstadt. Es war ein langer und bis heute unvergesslicher Tag.

 

Lange Wartezeiten Richtung Westen. © Hansjörg Hörseljau

Im Brockenbuch sind viele relevante Ereignisse festgehalten.

#brockenbuch #hoerseljau

Fernseh-Dokus mit meiner Beteiligung

Die Brockenmauer kippt

In den letzten Wochen und Monaten werden einige Fernseh-Dokumentationen gesendet, wiederholt oder sind in Mediatheken abrufbar, in denen ich zu sehen oder mit meinen Fotos beteiligt bin.

Der Osten – Entdecke wo du lebst, Mit Volldampf auf den „Berg der Deutschen“ – Die Brockenbahn ist ein wirklich schöner und sehenswerter Film.

Mittwoch, 20. November 2024, 21:00 bis 21:45 Uhr.
Donnerstag, 21. November 2024, 06:35 bis 07:20 Uhr.

Ein weiterer Film wird am 15. November in ZDFinfo. zu sehen sein. Lost Places – Schicksalsorte der deutschen Teilung. Im November jährt sich der Mauerfall und damit auch die Brockenöffnung zu 35en Mal. Damals war ich 29 Jahre alt und bin ich als Fotograf bei den historischen Ereignissen dabei gewesen. Mit den Fotos habe ich Zeitgeschichte festgehalten, die für Deutschland aber insbesondere für den Harz weiterhin aktuell ist. Gleichzeitig bin ich damit zum Zeitzeugen geworden. 

Heute ist es insbesondere die Klimakrise, die mich fotografisch beschäftigt. Es ist die Aufgabe unserer Generation, den Planeten auf dem wir leben und zu Gast sind, auch für zukünftige Generationen zu erhalten.

Viel spannende Fotos sind in meinem Bildband „Der Brocken – ein freier Berg“ zu finden. Rechts finden Sie Bestellmöglichkeiten.

Brockenöffnung
Freier Brocken, freie Bürger

Werk Tanne – Lebendige Führung auf den Spuren des zweiten Weltkriegs

Die Chemische Fabrik Clausthal war während des zweiten Weltkriegs ein wichtiger Standort der Kriegsproduktion. In der fünft-größten TNT-Fabrik des Deutschen Reiches wurden von 1939 bis 1945 Bomben, Granaten und Minen hergestellt. Während des Krieges war der Standort geheim und unterlag der Verschwiegenheit.

Auch nach Kriegsende war die TNT-Fabrik eine dunkle Vergangenheit, über die die wenig gesprochen wurde.

Für das mit TNT haltigen Rückständen belastete Oberflächenwasser wurden Reinigungsbecken gebaut. Viele ehemalige Gebäude bzw. Gebäudereste mussten dafür weichen. Die Rüstungsaltlast Werk Tanne entwickelt sich immer mehr zu einem Energieerzeugungs-Standort.

Jahrzehntelang war der Zugang zum Gelände gefährlich und illegal.

Rüstungsaltlast Werk Tanne.

 

Auf dem geführten Rundgang über das Privatgelände werden die Geschichte des Werkes und Produktionsstandortes lebendig und die aktuellen Sanierungsmaßnahmen erläutert.

Der Rüstungsstandort Werk Tanne führte vor 80 Jahren zu einem verheerenden amerikanischen Luftangriff, bei dem große Teile des Werkes zerstört wurden und mehr als 90 Menschen in Clausthal-Zellerfeld starben.  Das zeigt, welche Bedeutung auch die Infrastruktur für Kriege jeder Art hat.

Die Führung erfolgt durch Hansjörg Hörseljau. Er beschäftigt sich seit seiner Schulzeit mit der Geschichte des ehemaligen Werkes. In den 80er Jahren hat er wichtige Zeitzeugen-Gespräche geführt, die ein wichtiger Bestandteil des heutigen Wissen über das Werk sind.

Rundweg ca. 3,8 Kilometer, Dauer 2,5 bis 3 Stunden.

Termine: 11. August, 10 Uhr oder nach Vereinbarung. Kosten: 15 € pro Person.

Weitere Informationen und Anmeldung per email an hansjoerg@hoerseljau oder telefonisch 0171/7456339 (Signal, WhatsApp).

Arte-Doku: Der Harz – Wildnis mitten in Deutschland

Der Harz ist in Deutschland ein einzigartiges Gebirge: Mit einer Ost-West-Ausdehnung von etwa 110 km und einer Nord-Südausdehnung von 30-40 km reicht das Mittelgebirge  weit im norddeutschen Raum hinein und liegt nur 3 Autostunden von den norddeutschen Küsten entfernt. Der Brocken überragt mit 1141 Höhe alle anderen Berghöhen deutlich.

Nationalpark Harz. Naturdynamikzone Bruchberg. In der Ferne befinden sich Brocken, Achtermann und Wurmberg. © Hansjörg Hörseljau


Über Jahrmillionen hat sich ein geologisch einmaliges Gebirge gebildet, das durch weitläufige Wälder, bizarren Felsformation und jahrtausendealte Moore geprägt ist. 

Gleichzeitig haben Bergleute in weiten Teilen des Gebirges eine einzigartige Teichlandschaft mit kilometerlangen begehbaren Gräben und Wasserläufen gebaut, die heute die Naturlandschaft prägen.

Der Raubbau, den die Bergleute im Mittelalter bis in die ersten Jahrzehnte des vergangenen Jahrhunderts trieben, ist Fluch und Segen zugleich. Mit seinen Reichtum an Wildtieren wie man sie anderswo in Deutschland kaum noch findet, ist der Harz ein Seismograph für die weltweite Klimakrise.

Mit verschiedenen Porträts, die unterschiedliche Facetten und Aspekte des Harzes erzählen, gelingt Regisseur Marcus Fischötter eine einfühlsame Dokumentation über das nördlichste Gebirge Norddeutschland. Auch wenn die Klimakrise immer größere Ausmasse mit ungewissem Ausgang annimmt, ist es ein positiver Film, der neugierig auf den einzigartigen Lebensraum macht.

Dokumentarfilme Marcus Fischötter mit Kameramann und Tonmann. © Hansjörg Hörseljau

Der Film befindet sich in der ARTE-Mediathek: https://www.arte.tv/de/videos/116866-000-A/der-harz-wildnis-mitten-in-deutschland/

Klimakrise im Harz – Ausstellung im Kreishaus Goslar

Der Deutsche Alpenverein Goslar und einige Künstlerinnen und Künstler aus dem Harz blicken in einer gemeinsamen Ausstellung im  Kreishaus Goslar auf dieses wichtigste Zukunftsthema. Schwerpunkt des Deutsche Alpenverein (Goslar) sind dabei Bergsport und Klimawandel und die damit verbundenen Gefahren für die Bergsportaktivitäten. Ergänzt wird das Thema durch Bilder und Folien, die Dr. Friedhart Knolle für den Harz recherchiert hat.

Klimakrise im Harz

Hansjörg Hörseljau zeigt aktuelle Fotografien der Klimakrise aus dem Harz, die hier unübersehbar ist. Ergänzt werden die Drohnenfotos durch Fotos vom ersten großen Fichtensterben in den 80er Jahren.

Zwischen Achtermann und Wurmberg bildet die (warme) Bode die Grenze entlang den Flächen des Nationalpark Harz und den Flächen der Niedersächsischen Landesforsten. Im Nationalpark Harz wird nach dem Leitsatz „Natur Natur sein lassen“ gehandelt. Die Natur soll sich aus sich heraus entwickeln.

Die Niedersächsischen Landesforsten arbeiten seit 1991 an einem aktiven Baumartenwechsel. Die Wiederbewaldung erfolgt mit Baumarten, von denen die Fachleute hoffen, dass sie zukunftsfähig sind.

Es ist eine wichtige Ausstellung, die das Thema aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet.

Eröffnung 11. Februar 2024, 16:00 Uhr im Forum des Kreishauses, Klubgartenstrasse 6 in Goslar.

durch den Landrat Dr. Alexander Saipa, dem 1. Vorsitzender der DAV-Sektion Goslar Dr. Mathias Stolzenberg und Prof. Dr. Carsten T. Niemitz.

Dauer der Ausstellung: 12.2. bis 1.3.2024.
Geöffnet: Montag bis Donnerstag 8:00 bis 16:00 Uhr und Freitag 8:00 bis 13:00 Uhr.

34 Jahre Mauerfall auf dem Brocken

Die Zeitzeugen die am 3. Dezember 1989 mindestens 50 Jahre alt waren, sind heute älter als 84 Jahre. Der Mauerfall vor 34 Jahren – Menschen, die das damals erlebten, haben diese Tage nie vergessen. Es waren glückliche Tage, an dem die Menschen das Gefühl hatten, einen Teil ihrer Freiheit zurück zu bekommen. Über 40 Jahre war  Deutschland geteilt. Die Abriegelung des Brockens er folgte am 13. August 1961 und dauerte mehr als 28 Jahre.

Durch einen glücklichen Zufall hatte ich damals vom Sternmarsch zum Brocken erfahren. Für mich war klar, dass ich dabei sein wollte. Bei schönstem Wetter fuhr ich früh über den offenen Grenzübergang zwischen Eckertal und Stapelburg. Damals benötige ich noch den Mehrfachberechtigungsschein, mit dem ich 30 Mal im Jahr in die DDR einreisen konnte. Die Visumpflicht wurde offiziell erst zu Weihnachten 1989 aufgehoben.

Von Ilsenburg zog ich gemeinsam mit vielen anderen durch das Ilsetal. Kurz vor Erreichen der Brockenstraße lag Knöchel-hoher Schnee. Von dort aus ging es im Gänsemarsch aufwärts.

Gänsemarsch durch den knöchelhohen Schnee aus „Der Brocken – der belagerte Berg“ von ©Hansjörg Hörseljau.

 

Als wir die Brockenstraße erreichten, trauten wir unseren Augen kaum: Dort standen DDR-Grenztruppen mit einer Gulaschkanone und versorgten die Brockenwanderer mit Bockwurst. Von dort aus ging es weiter, auf der linken Seite lag der Wurmberg mit seinem „Nato-Turm“ vor uns. Obwohl wir noch nicht oben angekommen waren, kamen uns zahlreiche Wanderer entgegen. Sie hatten aufgegeben, weil das Brockentor verschlossen war. In Anbetracht der vielen „Nachrücker“ fassten die meisten neuen Mut und kehrten ein weiteres Mal zu Brockentor zurück.

Das Brockentor war ein massives Eisentor, an das auf beiden Seiten die 3,66 Meter hohe Brockenmauer anschloss. 

Im Innern des abgegrenzten Areals waren Sicherheitskräfte, die sich in die Gebäude zurück gezogen hatten. Vor dem Tor verhandelte Major Manfred Schulz mit den Wanderern, die an diesem Tag Demonstranten waren. Die Verhandlungen wurden mehrfach unterbrochen, weil Manfred Schulz mit „Berlin“ telefonierte, um sich Instruktionen einzuholen. Am Ende fasste er selbst die längst unumgängliche Entscheidung: Das Tor sollte für Kleingruppen geöffnet werden.

Brockenöffnung
Freier Brocken, freie Bürger

 

In Anbetracht der nachdrückenden Menschen vor dem Tor erwies sich diese Entscheidung sofort als überholt – alle Demonstranten strömten auf das Brockenplateaux und genossen dort oben einen bis heute unvergesslichen Tag.

Freudenfest am 3. Dezember 1989 auf dem Brocken © Hansjörg Hörseljau.

 

In den folgenden Jahren hat sich der Brocken verändert und wurde von vielem Schutt und Müll befreit. Die russischen Streitkräfte hatte dort bis 1994 den wichtigsten Stützpunkt ausserhalb von Russland, bevor sie ihn am 30. März 1994 verließen.

Auch im Westharz räumten die Geheimdienste aus den USA, Frankreich und England ihre Spionageberge. Vieles davon finden sie auch in meinem Brockenbuch „Der Brocken – ein freier Berg“.

Auf dem Brocken wird das Gedenken an den 3. Dezember 1989 durch den Harzklub wach gehalten.

Brockenmauer
Bildband „Der Brocken – ein freier Berg“ von Hansjörg Hörseljau.

Die Zeitzeugen die am 3. Dezember 1989 mindestens 50 Jahre alt waren, sind heute älter als 84 Jahre. Der Mauerfall vor 34 Jahren – Menschen, die das damals erlebten, haben diese Tage nie vergessen. Es waren glückliche Tage, an dem die Menschen das Gefühl hatten, einen Teil ihrer Freiheit zurück zu bekommen. Über 40 Jahre war  Deutschland geteilt. Die Abriegelung des Brockens er folgte am 13. August 1961 und dauerte mehr als 28 Jahre.

Durch einen glücklichen Zufall hatte ich damals vom Sternmarsch zum Brocken erfahren. Für mich war klar, dass ich dabei sein wollte. Bei schönstem Wetter fuhr ich früh über den offenen Grenzübergang zwischen Eckertal und Stapelburg. Damals benötige ich noch den Mehrfachberechtigungsschein, mit dem ich 30 Mal im Jahr in die DDR einreisen konnte. Die Visumpflicht wurde offiziell erst zu Weihnachten 1989 aufgehoben.

Von Ilsenburg zog ich gemeinsam mit vielen anderen durch das Ilsetal. Kurz vor Erreichen der Brockenstraße lag Knöchel-hoher Schnee. Von dort aus ging es im Gänsemarsch aufwärts.

Gänsemarsch durch den knöchelhohen Schnee aus „Der Brocken – der belagerte Berg“ von ©Hansjörg Hörseljau.

 

Als wir die Brockenstraße erreichten, trauten wir unseren Augen kaum: Dort standen DDR-Grenztruppen mit einer Gulaschkanone und versorgten die Brockenwanderer mit Bockwurst. Von dort aus ging es weiter, auf der linken Seite lag der Wurmberg mit seinem „Nato-Turm“ vor uns. Obwohl wir noch nicht oben angekommen waren, kamen uns zahlreiche Wanderer entgegen. Sie hatten aufgegeben, weil das Brockentor verschlossen war. In Anbetracht der vielen „Nachrücker“ fassten die meisten neuen Mut und kehrten ein weiteres Mal zu Brockentor zurück.

Das Brockentor war ein massives Eisentor, an das auf beiden Seiten die 3,66 Meter hohe Brockenmauer anschloss. 

Im Innern des abgegrenzten Areals waren Sicherheitskräfte, die sich in die Gebäude zurück gezogen hatten. Vor dem Tor verhandelte Major Manfred Schulz mit den Wanderern, die an diesem Tag Demonstranten waren. Die Verhandlungen wurden mehrfach unterbrochen, weil Manfred Schulz mit „Berlin“ telefonierte, um sich Instruktionen einzuholen. Am Ende fasste er selbst die längst unumgängliche Entscheidung: Das Tor sollte für Kleingruppen geöffnet werden.

Brockenöffnung
Freier Brocken, freie Bürger

 

In Anbetracht der nachdrückenden Menschen vor dem Tor erwies sich diese Entscheidung sofort als überholt – alle Demonstranten strömten auf das Brockenplateaux und genossen dort oben einen bis heute unvergesslichen Tag.

Freudenfest am 3. Dezember 1989 auf dem Brocken © Hansjörg Hörseljau.

 

In den folgenden Jahren hat sich der Brocken verändert und wurde von vielem Schutt und Müll befreit. Die russischen Streitkräfte hatte dort bis 1994 den wichtigsten Stützpunkt ausserhalb von Russland, bevor sie ihn am 30. März 1994 verließen.

Auch im Westharz räumten die Geheimdienste aus den USA, Frankreich und England ihre Spionageberge. Vieles davon finden sie auch in meinem Brockenbuch „Der Brocken – ein freier Berg“.

Auf dem Brocken wird das Gedenken an den 3. Dezember 1989 durch den Harzklub wach gehalten.

Brockenmauer
Bildband „Der Brocken – ein freier Berg“ von Hansjörg Hörseljau.

Maueröffnung im November 1989 im Harz

 Es waren Tage, die ich mein Leben lang nicht vergesse. Am 9. November habe ich wie oft in meinem Fotolabor gearbeitet und Auftragsarbeiten ausgearbeitet. Häufig habe ich für das Hamburger Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ fotografiert. Damals war die Fotografie noch analog: Ich habe die Bilder in meinem Fotolabor entwickelt und vergrößert. Die Bilder wurden dann, je nach Dringlichkeit per Kurier an die Redaktion verschickt. 

Häufig habe ich im Labor Radio gehört – meist aktuelle Sendungen des Deutschlandfunk. Die sich unmittelbar neben der Grenze überschlagenen Meldungen wurden immer brisanter und dringlicher. Dabei schien bei einem Blick über den Grenzzaun im Harz alles wie immer.

Als dann die ersten Meldungen des von der Grenzöffnung real wurden, habe ich mich sofort auf den Weg nach Duderstadt gemacht und dort die Entwicklung am Grenzübergang in Teistungen beobachtet und fotografiert. Die ersten Trabbi´s kamen noch etwas vorsichtig über den Grenzübergang. Auf westdeutschen Seite befand sich ein Rückstau von Autos aus der BRD, die in die DDR einreisen wollten. Sie benötigten ein Visum, mussten Zwangsumtausch für die DDR machen und wurden zur Freude der DDR-Passkontrolleure streng kontrolliert. 

Grenzöffnung zwischen Duderstadt und Worbis (Richtung Westen).

 

Am 9. November war alles relativ ruhig. Aber schon einen Tag später herrschte Ausnahmezustand. Schon am frühen Morgen. Erste Station war meist die Sparkasse, wo das Begrüßungsgeld ausgezahlt wurde. Direkt daneben befand sich ein Plus-Markt, der am Mittag nahezu völlig ausverkauft war.

Ich habe vieles in dieser Zeit dokumentiert: Viele glückliche Gesichte auf beiden Seiten der Grenze. Es war eine wilde Zeit, in der Vieles möglich war, was zuvor und auch danach nicht mehr möglich gewesen wäre. Für die meisten Menschen, die diese Zeit selbst miterlebt haben sind diese Tage unvergesslich geblieben.

Vergessen sollten wir aber nicht, dass die Mauer nicht gefallen ist – sie wurde gefallen! Menschen in der DDR waren die Diktatur und den Schurkenstaat leid und haben sich gemeinsam dagegen gewehrt. Sie haben sich damit ihre Freiheit erstritten. Die korrupten Politiker und staatlichen Stellen hatten keine Wahl, sie mussten die Grenze öffnen und am Ende ihre Ämter räumen.

Ehemaliger Spionageturm und Anlagen auf dem Stöberhai im Südharz.

 

Fotoausstellung in Nordhausen

 

Die Entwicklung rund um den Brocken, habe ich in „Der Brocken – ein freier Berg“ festgehalten. Im Westharz hatten westliche Geheimdienste und Verbündetet die höchsten Berge besetzt. Auch sie sind schon lange Geschichte.

Wohin?

Eine Insel lebender Fichten inmitten abgestorbener Fichten.

Links stehen tote Fichten, Baumskelette. Rechts wächst ein fast 30 Jahre alter Mischwald. Vor mir sucht sich das klare Wasser seinen Weg talwärts. Dort wird es von einem Wasserlauf aufgefangen, der das Bergwasser zu einem der Teiche rund um Clausthal-Zellerfeld fließen lässt.

Ich freue mich über die vielen Weitblicke. Bis vor kurzem hatte dunkler Fichtenwald die Harzlandschaft versteckt. Jetzt sehe ich Berge, Täler und weit entfernte Gipfel. Vögel durchsuchen die abgestorbenen Baumstämme nach Würmern und kleinen Insekten. Die Blüten der noch jungen Sträucher ziehen ebenfalls viele Insekten und Vögel an.

Inmitten von abgestorbenen Fichtenbeständen wachsen grüne und vital aussehende Fichten. Wie grüne Inseln. Die Samen sind aus den Fichtenzapfen der vorhergehenden Generationen auf den Boden gefallen und haben dort Wurzeln geschlagen. Manchmal explodiert die Natur grade zu unter dem Schutz der inzwischen abgestorbenen Fichten.

Die industriellen Spuren der Vergangenheit lassen sich im Harz heute allenfalls noch erahnen. Dazu gehörte auch die Forstwirtschaft. Der Bergbau forderte viel und schnellwachsendes Holz. Fichtenmonokulturen waren über Jahrhunderte die bevorzugte und prägende Baumart im Harz.

Licht und Schatten. Die Klimakrise hat und führt zu einem rasanten Wandel der Harzlandschaft. Noch 2018 waren die meisten Flächen mit grünen Fichten bewachsen. Fünf Jahre später ist davon nur noch wenig zu sehen. Trockenheit, Temperaturanstieg und Schädlinge haben die Fichtenwälder dahingerafft und zu den großflächigen Veränderungen der Harzlandschaft geführt. 

In den 80er Jahren habe ich das schon einmal erlebt. Der saure Regen führte damals in den Hochlagen zu einem Absterben der Fichtenbestände. Damals dachte ich, dass dort niemals mehr ein Baum wachsen wird. Aber durch den Einbau von Filteranlagen in der Industrie und Katalysatoren in den Kraftfahrzeugen hat sich die Situation rasch gebessert.

Die weltweite Klimakatastrophe ist heute ungleich dramatischer: Mehr das 2 Grad sind die Durchschnittstemperaturen im Vergleich zur vorindustriellen Zeit im Harz angestiegen. Sie sind nicht einfach angestiegen, menschliches Handeln hat dazu geführt. Und der Anstieg geht weiter.

Trockenheit, steigende Temperaturen und Schädlingen bedrohen inzwischen alle Baumarten und allgemein das Leben auf der Erde. Sie sind in vielen Ländern zu einer direkten Bedrohung für die Menschen geworden.

Noch haben wir es in der Hand, dass zu ändern. Es liegt in unserer Verantwortung, unseren Kindern und Kindeskindern eine lebenswerte Zukunft zu hinterlassen.

(Diesen Text habe ich zu meinen Fotos im Rahmen der Jahresausstellung des BBK Harz in Goslar geschrieben. – Zu sehen bis zum 16. November 2023.)

Seit 1991 forcieren die Niedersächsischen Landesforsten einen aktiven Baumartenwechsel. Die Ergebnisse des L.Ö.W.E. – Programm (Landesweite Ökologische Wald-Entwicklung) sind an vielen Orten sichtbar.

Temperatursprünge haben im Harz große Auswirkungen

Im Harz hat das „Achterbahn-Wetter“ Auswirkungen wie selten zuvor. Seit dem 9. März pendeln die die Temperatur zwischen minus 4 Grad und 6 Grad (plus) innerhalb weniger Stunden. Am Freitag zeigte sich der Brocken noch in einem zauberhaften Winterkleid.

Aktuell sind die Temperaturen auf dem Brocken auf 4,5 Grad (plus) und in Clausthal-Zellerfeld auf fast 10 Grad angestiegen. Es ist ziemlich krass, wie sich die Temperaturen innerhalb kurzer Zeit hin und her verschieben. Im Flachland ist das weniger relevant, weil dort die Temperaturen für Schnee und Frost nicht reichen.

Im Harz entscheiden die Temperatursprünge über Schnee und Regen.

Viele spannende Fotos und Informationen enthält mein Brockenbuch. Es ist auf dem Brocken im Brockenhaus oder über diese Webseite erhältlich. Der Versand ist innerhalb Deutschlands kostenlos.

Bildband „Der Brocken – ein freier Berg“ von Hansjörg Hörseljau.
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