Es ist eine eine ungewöhnliche Ausstellung an einem besonderen Ort zu einem außergewöhnlichen Thema: Wie würden Künstler heute den Kaisersaal gestallten? Neun Künstler des BBK Harz haben sich dieser Frage gestellt. Herausgekommen ist ein kritischer Blick auf die Gegenwartskrisen wie Klimawandel oder den Angriffskrieg auf die Ukraine.
Mein Beitrag sind zwei Fotos, eines aus der Zeit des „sauren Regens“, dass den „schönen Winterwald“ im Jahr 1985 zeigt, als der Fichtenwald in den Hochlagen der europäischen Mittelgebirge großflächig abgestorben war. Das zweite Foto zeigt die aktuellen Klimakrise, in dessen Verlauf LKW´s rund um die Uhr Baumstämme aus dem Harz heraus transportieren. Mehrere hunderttausend Holz-LKW´s haben den Harz inzwischen verlassen.
In den 80er Jahren machte der Harz durch Sturmkatastrophen und dem „sauren Regen“ bundesweit Schlagzeilen: Durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe gelangten große Mengen Schwefel in die Atmosphäre. Das führte zu einer Schwächung und schließlich zu einem flächigen Absterben der Fichtenwälder in den Mittelgebirgen Europas. Damals glaubte ich, dass dort oben nie wieder ein Baum wachsen würde.
Nachdem die Kraftwerke und Industrieanlagen mit Rauchgasentschwefelungsanlagen nachgerüstet wurden und der Fahrzeugverkehr Katalysatoren erhalten hatte, erholte sich der Fichtenwald.
Zuerst sind im Nationalpark Harz die Fichten großflächig abgestorben. Ihre Skelette ragen als Mahnmale in den Himmel. Seit 4 Jahren verändert sich die gesamte Harzlandschaft: Pausenlos transportieren LKWs die verwertbaren Baumstämme aus dem Harz. Im Harz erleben wir die Folgen eines menschengemachten Temperaturanstiegs von 2 Grad zu dem ersten wissenschaftlichen Referenzzeitraum (1881 bis 1910). Es ist wie bei einem Multiorganversagen: Die Fichten sterben im Harz, andere Baumarten sind bedroht. Die gesamte Artenvielfalt geht zurück. Vegetation und Tiere sind kaum in der Lage, sich den steigenden Temperaturen und ausbleibenden Niederschlägen anzupassen.
Die Klimakrise, die den Harz überrollt, ist ein globales Menschheitsproblem und steht derzeit im Mittelpunkt meiner Arbeit.Allen, die schon länger nicht mehr in der Kaiserpfalz in Goslar waren, möchte ich einen Besuch empfehlen.
Antworten auf den Zellerfelder Altar von Werner Tübke
Ausstellung bis zum 31. August 2022, St. Salvatoriskirche in Clausthal-Zellerfeld.
Vor 25 Jahren wurde der Zellerfelder Altar von Werner Tübke eingeweiht. Zu diesem Anlass hat sich der Bundesverband Bildender Künstler und Künstlerinnen (Bezirksgruppe Harz) mit dem Werk auseinandergesetzt und eigene Werke geschaffen.
In der Ausstellung sind vier großformatige Fotos von mir auf Leinwand zu sehen. Sie bilden vorwiegend eine Reflexion auf die Rückseite des Zellerfelder Klappaltars von Werner Tübke.
Andreas Korn und Hansjörg Hörseljau auf dem Brocken.
Nachdem die Ausstrahlung der Sendefolge wegen der aktuellen Berichterstattung mehrfach verschoben wurde, soll die Folge heute ab 17.15 Uhr im ZDF gezeigt werden.
Bei Schneefegen, Sturm und Zentimeter dickem Eis trifft mich Moderator Andreas Korn für hallo deutschland auf dem Brocken. Es ist ein mehr als ungemütlicher Tag. Der Wind peitscht die harten Eiskristalle gegen das Gesicht, als mich Adreas Korn begrüßt. Wir unterhalten uns über die Brockenöffnung am 3. Dezember 1989. Im Brockenmuseum erzähle ich ihm vom Kalten Krieg und von den Geheimdiensten auf den Spionagebergen im Harz. Es ist eine Epoche in Deutschland die nah für mich ist und doch schon über 30 Jahre zurückliegt. Andreas Korn ist beeindruckt und betroffen von meinen Bildern von der Brockenmauer, den Russen und den Geheimdienst-Türmen. Die oberste Etage im Brockenhaus ist der einzige Ort, der heute noch an die Spionage in OST und WEST erinnert.
Am Freitag den 11. März 2022 sendet das ZDF in hallo Deutschland um 17.15 Uhr von diesem stürmischen und eisigen Wintertag auf dem Brocken.
Der Brocken zeigt sch an diesem Tag unwirtlich. Die Menschen werden vom Wind über die eisglatte Brockenkuppe geweht. Viele fallen auf die harte Eisfläche. Sie richten sich auf und fallen erneut. Blaue Flecken habe ich an diesem Tag auch erhalten.
Die Temperaturen liegen nur wenig unter der Null-Grad-Grenze. Der Deutsche Wetterdienst hatte grade mitgeteilt, dass der Januar 2022 um 3,96 Grad wärmer war als die Januar-Durchschnittstemperatur zwischen 1881 und 1910. Die Klimaerwärmung ist im Harz überall unübersehbar: Große Bereiche des Fichtenwaldes sind im Nationalpark und auf den Flächen der Landesforsten abgestorben. Im Westharz lag der Vorrat an Fichten im Herbst 2021 bei nur noch 45 Prozent.
Die Veränderung der Landschaft dokumentiere ich seit dem ich mit meiner Kamera seit den 80er Jahren.
Nachdem die Öffnung des Brockens am 3. Dezember erstritten worden ist, hob die DDR zum 1. Weihnachtsfeiertag ganz offiziell die Visumpflicht auf. Von da war die Grenze in beide Richtungen offen.
Mit meinen Fotos habe ich zahlreiche Ereignisse – Zeitgeschichte im Harz – rund um den Brocken festgehalten. Das Buch ist eine schöne Geschenkidee zu Weihnachten. Den Bildband verschicke ich versandkostenfrei in Deutschland. Dazu gibt einige schöne Postkarten (solang der Vorrat reicht).
Vor 31 Jahren erlebte ich den Sternmarsch auf den Brocken. Aus Ilsenburg, Wernigerode und Schierke wanderten Menschen aus vielen verschiedenen Orten auf den Brocken, um die Brockenöffnung zu erkämpfen. Ich bin damals mit einer Wandergruppe aus Ilsenburg auf den Brocken gelaufen und habe den historischen Tag fotografiert und dokumentiert.
Das ist der Beginn meines umfangreichsten Fotoprojektes gewesen. Der Bildband „Der Brocken – ein freier Berg“ zeigt viele der historischen Aufnahmen vom 3. Dezember 1989 und die weitere Entwicklung rund um Norddeutschlands höchsten Berg.
Bei Bestellung über diese Website liefere ich innerhalb Deutschlands versandkostenfrei. Je Bildband erhalten sie zusätzlich 2 historische Postkarten (solange der Vorrat reicht).
1994 ist mein erster Bildband „Der Brocken – der belagerte Berg“ erschienen. Der schwarz-weiß Bildband ist vergriffen und manchmal antiquarisch zu erhalten.
Der Brocken – der belagerte BergFreier Brocken, freie Bürger3. Dezember 1989Über Nacht wird der Stacheldraht ein Symbol der Freiheit.Abbau der BrockenmauerSperranlagen auf dem BrockenMauerstürmer„Der Brocken – der belagerte Berg“ von Hansjörg Hörseljau
Zum 30-jährigen Jubiläum der Wiederinbetriebnahme der Brockenbahn am 15. September 1991 zeigt der mdr einen neuen Film zur Geschichte der vergangenen Jahrzehnte der Brockenbahn. Eine sehenswerte Dokumentation, in der beispielsweise Friedhart Knolle, Christiane Hoppstock und auch ich als Zeitzeugen zu sehen sind. Außerdem kommen eine Reihe meiner historischen Aufnahmen in dem Film vor.
Vor 30 Jahren endete die friedliche Revolution in der DDR in der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten. Zuvor hatten viele Menschen gegen die Regierenden und für die Freiheit in der DDR demonstriert. Fast drei Jahrzehnte lang trennte ein Todesstreifen mit Stacheldraht, Mauer, Selbstschussanlagen und Schießbefehl die Menschen.
Zeitsprünge von Hansjörg Hörseljau.
Die Staatsmacht in Form des Ministeriums für Staatssicherheit bespitzelte, überwachte und unterdrückte Menschen, die sich gegen die Regierung stellten: Jede oder jeder musste damit rechnen, von der Stasi überwacht und verfolgt zu werden.
In komplexen Verhandlungen wurde 1990 der Einigungsvertrag ausgehandelt der am 3. Oktober zum Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland führte. Durch den Beitritt der Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland wurde das Grundgesetz zur gesamtdeutschen Verfassung.
Am 3. Oktober 2020 feierte Deutschland 30 Jahre Wiedervereinigung.
Der gewonnene Kampf der Freiheit führte für die Menschen im Beitrittsgebiet zum größten Umbruch ihres Lebens. Die persönliche Freiheit bot plötzlich für viele ungeahnte Möglichkeiten. Für andere waren die wirtschaftliche Existenz und die persönliche Identität bedroht.
Für die Menschen in der alten Bundesrepublik änderte sich nicht viel. – Deutschland wurde größer.
Verwandte, Freunde – diesseits und jenseits konnten leicht besucht werden. Im größeren Deutschland waren Landschaften und Städte zugänglich, deren Namen längst in Vergessenheit geraten waren.
Eingefallene Brockenmauer, Hansjörg Hörseljau und Installation von Hilda Groll.
30 Jahre Wiedervereinigung – Alles offen.
Die Einheit Deutschlands in einem vereinten Europa in Freiheit für kommende Generationen zu sichern ist heute das gemeinsame Ziel. In einer globalisierten Welt können Menschen nur gewinnen, wenn sie gemeinschaftlich und fair miteinander umgehen. Grundwerte wie offene Grenzen, Freiheit, Meinungsfreiheit oder Religionsfreiheit müssen verteidigt werden.
30 Jahre Wiedervereinigung – Alles offen?
Wie haben wir den Umbruch, die Wiedervereinigung erlebt? Was bedeutet Freiheit für mich? Wie erlebe ich geschlossene Grenzen? Ist meine / unsere Freiheit bedroht? Halten wir Offenheit aus? Wieviel Offenheit?
Die Ausstellung soll Raum bieten, zurück zu blicken, Statements abzugeben, aber auch Visionen zu entwickeln.
In der Ausstellung sind auch einige meiner Symbolbilder und meine Zeitsprünge von mit bis zu 40 Jahren Differenz zu sehen.
Sehenswerte JAHRESAUSSTELLUNG: „Alles offen“ ? Ein Deutschland 30 Jahre Freiheit. 08.10. – 12.11.2020 im Kreishaus Goslar zu den normalen Öffnungszeiten. Bitte die Corona-Einschränkungen beachten.
Corona bestimmt auch die Ausstellung im Kreishaus.
Bis zum 8. November ist die sehenswerte Ausstellung in der Marktkirche in Goslar zu sehen. Ausgestellt sind dort Werke von 15 Mitgliedern der Ortsgruppe Harz des Bund Bildender Künstler. In der Kirche sind auch fünf großformatige, aktuelle Werke von mir zu sehen, die in diesem Jahr auf Rügen entstanden sind.
„Die Kamera selbst bewertet nicht. Sie bildet objektiv ab, was ich ihr zeige.“ In der klassischen Fotografie wird durch die Kürze des Augenblicks ein dokumentarisches, genaues Abbild erzeugt. Bei meinen Aufnahmen kommen Bewegung und Zeit in verschiedenen Dimensionen hinzu. Das Bild ist die Konzentration von Zeit, Raum und Bewegung, die die Kamera aufgezeichnet hat. So können überraschende Einblicke entstehen, die über das Abbild hinaus reichen.
Beschleunigung 2020, Foto – Digitaldruck auf Acrylglas, 120 x 80 cm. Rügen.Magie des Raums 2020, Foto – Digitaldruck auf Acrylglas, 120 x 80 cm. Rügen.Fliehkraft 2020, Foto – Digitaldruck auf Acrylglas, 120 x 80 cm. Rügen.Verschiebung, Foto – Digitaldruck auf Acrylglas, 120 x 80 cm. Rügen.
Die Marktkirche Gosar ist täglich von 10 bis 17 Uhr geöffnet.
Am 2. Oktober um 18 Uhr wird der Ausstellungskatalog Vorgestellt. Anschließend besteht die Möglichkeit, mit den anwesenden Künstlern zu sprechen.
Weitere Termine: Sonntag, 1. November: 10 Uhr, Kunstgottesdienst anschliessend: Künstlergespräche
Lockdown auf Deutschlands Straßen. Die Covid-19-Pandemie sorgt für leere Straßen und gähnende Leere. Der verordnete Ruhezustand zeigt vielerorts ungewohnte Bilder.
Einen solchen Zustand der Leere gab es auf Deutschlands Straßen bisher nur während des Ölpreisschock im Winter 1973: Wegen der sprunghaft gestiegenen Energiekosten verordnete die Regierung der Bundesrepublik an vier Sonntagen ein Fahrverbot, um Energie und Kosten zu sparen. Ausgenommen davon waren davon nur Taxis, Linienbusse, Polizeiwagen und Rettungsfahrzeuge.
Viele, die das damals erlebt haben, erinnern sich jetzt an die politische Krise in den 70er Jahren. Die „Ölkrise“ von 1973 zeigte dem Wirtschaftswunderland Bundesrepublik Deutschland seine Abhängigkeit vom fossilen Erdöl. Die Förderländer konnten ihre Monopolstellung nutzen und so Druck auf die Empfängerländer ausüben.
Lockdown, wenig befahrene A27 zwischen Walsrode und Bremerhaven.Lockdown, der verordnete Stillstand.
Ursache für die derzeitigen Lockdown ist eine weltweite Gesundheits-Pandemie. Aus Sorge vor Ansteckung und Ausbreitung von Covid-19 haben die Regierungen weltweit einen Stillstand verordnet. Die Folgen davon sind unübersehbar: Auf den Autobahnen erlebte ich nahezu autofreie Fahrbahnen – zumindest an den Wochenenden. Trotz frühlingshafter Temperaturen waren kaum Menschen unterwegs. Die aufgeräumten PKW-Parkplätze waren Menschenleer. Nur die funktionalen Bänke und Tische aus Stein und die großen grünen Abfallbehältern fielen ins Auge.
Leere Parkplätze entlang der Autobahn A7 zwischen Hannover und dem Walsroder Dreieck.Aufgeräumt und Clean.
Die Corona-Krise mit den verordneten Kontaktsperren zwischen den Menschen und Homeoffice für Viele führten zu einer drastischen Abnahme des Straßenverkehrs.
Auf meinen Fahrten sind einzigartige Bilder entstanden, die so wohl so schnell nicht wiederholt werden können.
Clausthal-Zellerfeld, Harz. Am 8. Mai 2020 gedenken wir an das Kriegsende vor 75 Jahren. Am 11. November 1989 gipfeln die friedlichen Demonstrationen in der DDR und Jahre zuvor in Polen im Mauerfall. – In diesem Jahr, 30 Jahre später feiern wir 30 Jahre Wiedervereinigung in Deutschland. Mit der Wiedervereinigung endet die Nachkriegsordnung in Europa. Das gemeinsame Europa ist auch eine Lehre aus der Kleingeistigkeit des 2. Weltkrieges. Seit 75 Jahren erleben wir in Europa Frieden, seit 30 Jahren in ganz Europa Freiheit.
Erniedrigungen und Entbehrungen
Vieles aus diesen dunklen Zeiten wurde aufgearbeitet, menschlich wie wissenschaftlich. Vielfach vergessen wurden die zwangsverpflichteten Frauen und Männer, die „Fremdarbeiter“ und die Kriegsgefangenen, die in vielen Betrieben in der Harzregion arbeiten mussten. Ihnen wurde die Freiheit genommen. Sie wurden verschleppt, getäuscht und mit falschen Versprechungen „gelockt“. In der Fremde wurden sie gezwungen, fehlende deutsche Arbeitskräfte zu ersetzen. Sie lebten in Unfreiheit, erlitten viele Erniedrigungen und Entbehrungen bis zum Tod.
Zwangsarbeiter und Zwangsverpflichtete im Oberharz
In Clausthal-Zellerfeld waren die meisten Zwangsverpflichteten und Zwangsarbeiter im Westharz eingesetzt. Sie mussten im damals größten Industriebetrieb der Region “Werk Tanne“ aber auch in vielen weiteren Rüstungsbetrieben, Baugewerken, Bergwerken oder Betrieben wie der Bleihütte schuften. Zwangsarbeiter und Zwangsverpflichtete waren auch beim Bau der Ecker- und Okertalsperre eingebunden.
Rüstungsindustrie als Hoffnungsträger
Mit der Schließung der meisten Gruben im Oberharz und der Nordharzer Hütten in den 1930er Jahren erzielten die Nationalsozialisten große Wahlerfolge. Die Arbeitslosigkeit war hoch und neue Rüstungsbetriebe galten für viele Menschen als Hoffnungsträger für die notleidende Region.
Bauboom im Oberharz
In den Bauphasen 1934 bis 1936 sowie 1938 des Werk Tanne waren in Clausthal-Zellerfeld viele Baubetriebe aus dem Oberharz und dem Umland eingebunden. Ein extra eingerichteter Pendelverkehr brachte die Handwerker und Bauarbeiter aus den Vorharzdörfern mit Werkbussen nach Clausthal, um das im Wald aus 214 Einzelgebäuden geplante Werk zu errichten.
An der Tannenhöhe und am Galgensberg entstanden 22 Doppel- und sieben Einzelhäuser für die leitenden Angestellten und Meister des Rüstungsbetriebes.Beiderseits der Breslauer Straße wurden mehrere Lager für etwa 1800 Arbeiterinnen und Arbeiter errichtet. Im Lager an der Bauhofstraße waren nach Zeugenaussagen bis zu 400 russische und belgische Frauen untergebracht. Im Zellerfelder Gemeindehaus wohnten weitere 50 russische Frauen. Im Bürgergarten Zellerfeld, dem heutigen Wolfs Hotel waren Menschen verschiedener Nationalitäten, im Schützenhaus Clausthal waren jugoslawische Zwangsarbeiterinnen untergebracht. Für die Bauleitung und weitere 300 Arbeiter befand sich ein Lager an den Pfauenteichen. Ein Teil der Lager waren Bereitschaftslager, ein anderer Teil bewachte Zwangsarbeiterlager. Ob die Aufzählung vollständig ist, kann heute nicht mehr Präzise recherchiert werden. Deutlich wird jedoch, dass Zwangsverpflichtete im gesamten Stadtgebiet von Clausthal-Zellerfeld in dieser Zeit zum Stadtbild gehörten. Umso unverständlicher ist, dass es bei meinen Recherchen in den 80er Jahren kaum möglich war, Zeitzeugen zu finden, die aus dieser Zeit erzählen wollten.
Im Werk Tanne waren 1944 etwa 1250 Männer und fast 930 Frauen beschäftigt. Davon weist die Statistik 590 weibliche Ostarbeiter und 256 männliche Ostarbeiter aus. In den Abfüllanlagen für Granaten und Minen arbeiteten vorwiegend Frauen. Dort herrschten auch die mit Abstand schlechtesten Arbeitsbedingungen im Werk. Aus Angst vor Funkenflug mit Maschinen wurden die Granaten und Minen meist mit nackten Händen befüllt. Arbeitssicherheit wie Handschuhe oder Mundschutz gab es nicht. Das TNT drang durch Haut und Lunge in den Körper ein. Das erste Vergiftungszeichen war die Pulverkrätze, es folgte eine Gelb- bis Rotfärbung der Haare und eine orangene Hautverfärbung. Das führte nicht selten zu Anämie, Leukämie, Leberschäden mit starker Gelbsucht sowie irreparable Lungenschäden. Weil auch die Werksleitung von den gesundheitlichen Gefahren wusste, wurden die Zwangsarbeiterinnen regelmäßig ausgetauscht. Ein Zeitzeuge, den ich 1983 befragt habe, erinnert sich: „Der Friedhof dort an den Pfauenteichen, gegenüber stand die Pumpe, zu der ich oft musste. Dort haben sie mir dann erzählt, dass sie gegenüber wieder einen ins Loch reingeschmissen haben. Wir haben ordentlich das Wasser platschen gehört. … Da waren auch Mädchen, die ein Kind geboren hatten oder kriegten. Man hat sie, Mutter und Kind in das gleiche Loch geworfen“.
Zeitzeuge Robert Hintreich und seine Frau Else Hinreich.
Russische Arbeitskräfte durften geschlagen werden
Der ehemalige Säuremeister Schmidt hat mir 1983 erzählt: „Die Franzosen mussten wir behandeln wie Deutsche, aber die Russen nicht. Die Russen konnten wir schlagen, das war genehm. Ich aber nicht“. An Lungentuberkulose, Kräfteverfall stirbt ab Ende 1942 fast jeden Monat mindestens eine Zwangsarbeiterin russischer Nationalität.
Säuremeister Schmidt im Werk Tanne (6.07.1983)
Hunger und Krankheit
Wie schlecht die russischen Zwangsarbeiter behandelt wurden, ist aus den Worten der Augenzeugin Else Hintreich ersichtlich: „Das ist ab 1943 gewesen. Wie die angekommen sind, dass vergeß ich auch nicht. In Kolonnen ins Werk rein. Auf der Hauptstraße hatten wir nur Vogelbeerbäume. Das war ein Sprung, da waren sie in den Vogelbeerbäumen hochgeklettert und holten sich die roten Beeren. Beeren und Hallimasche haben die vom Strunk gegessen, vor Hunger. Sie sind zum Teil verhungert oder krank geworden, weil sie keine ärztliche Betreuung hatten.
„Ich kann mich auch noch erinnern, dass man diesen Leuten nicht einmal eine faule Kartoffel hinwerfen durfte, ohne bestraft zu werden“, sagte der 77jährige Robert Hintreich 1982. Er war bis Kriegsende in der Energieversorgung des Werkes tätig.
Viele Firmen nutzten Zwangsarbeiter
Zwangsarbeiter wurden in vielen Firmen im Harz, bei der Bleihütte, bei der Forst, in der Munitionsfabrik Metallwerk Silberhütte in St. Andreasberg oder im Bergbau in Bad Grund eingesetzt. In dieser Zeit war es üblich, dass Menschen aus den eroberten Gebieten fern der Heimat Sklavenarbeit leisten mussten.
Ohne nennenswerten Widerstand besetzte das 26. US-Infanterieregiment in den Morgenstunden des 13. April 1945 die Bergstadt Clausthal-Zellerfeld.
Das große Explosionsunglück im Werk Tanne, bei dem mindestens 67 Menschen starben, oder die amerikanischen Bombenangriffe, bei denen viele Menschen ums Leben kamen, sind vielfach beschrieben worden.
Die vergessenen Zwangsarbeiterinnen
Das ganz normale und entbehrungsreiche Leben der Zwangsarbeiterinnen ist in Vergessenheit geraten. Auch 75 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges gibt es keinen Ort, der an die menschlichen Schicksale erinnert. Am Russenfriedhof an den Pfauenteichen in unmittelbarer Nähe zum Werk Tanne ist endlich eine Gedenktafel in Vorbereitung.
Irrweg Rüstungsindustrie
Die kurze Zeit der Rüstungsindustrie hat der Harzregion großen Schaden zugefügt, die Umweltschäden sind bis heute allgegenwärtig.
Die Abwasser aus der ehemaligen Sprengstofffabrik belasten noch heute den Bereich um das Werksgelände und in Osterode.
Lesenswerte Literatur zum Thema:
Günther Hein/Claudia Küpper-Eichas Montanregion Harz, Bd. 7, Rüstung als Weg aus der Krise? Arbeit und Wirtschaft im Oberharz in der Zeit des Nationalsozialismus, 2006, ISBN 3-937203-25-7
Jani Pietsch Sprengstoff im Harz – Zur Normalität des Verbrechens: Zwangsarbeit in Clausthal-Zellerfeld Edition Hentrich, Taschenbuch ISBN: 3894682426 (antiqarisch)
Rüstungsindustrie in Südniedersachsen während der NS-Zeit. Schriftenreihe der Arbeitsgemeinschaft Südniedersäschsischer Heimatfreunde e.V. Heimatfreunde, Arbeitsgemeinschaft Südniedersachsens e.V. (Hrsg.) Mannheim, VMA Verlag Peter Wagener, 1993. ISBN: 3910085059 (antiquarisch)
Braedt, Michael, Hörseljau, Hansjörg, Jacobs, Frank, Knolle, Friedhart: Die Sprengstofffabrik „Tanne“ in Clausthal-Zellerfeld. Geschichte und Perspektive einer Harzer Rüstungsaltlast, 1998, ISBN: 9783897201248 (derzeit nur antiquarisch)
Bisher ist der Winter im Harz ausgefallen. In den Monaten Dezember, Januar und Februar 2020 waren die Temperaturen überdurchschnittlich mild, sodass die Schneekanonen am Wurmberg nicht eingesetzt werden konnten. Auch das Loipenspurfahrzeug des Nationalpark Harz musste in der Garage bleiben. Der Trend für die nächsten 30 Tage deutet auf weiterhin eine schneelose Zeit hin. Ein frostiger Winter bleibt aus.
Winter ohne Schnee –Wanderweg auf dem Brocken.
Wenig Schnee gab es auch in der Vergangenheit immer mal wieder. Aber oft war es dann zumindest kalt und frostig. Die Oberharze Teiche waren dann mit einer dicken Eisschicht bedeckt und war Eislaufen möglich.
Blick vom Brocken über den Wurmberg bis zum Thüringer Wald.
Inzwischen häufen sich die milden Winter so sehr, das Wintersport oder Wintervergnügen kaum noch möglich ist. Die Planbarkeit eines Skiurlaubes im Harz gehört der Vergangenheit an.
Den anderen Mittelgebirgen in Deutschland geht es ähnlich. Auch die wichtigen Skigebiete in den Alpen machen sich große Sorgen.
Wurmberg und Großer Winterberg zwischen Schierke und Braunlage.
Meine Fotos vom 24. Januar 2020 auf dem Brocken zeigen die Veränderungen.
Der Harz ist trotz allem eine wunderbare Natur- und Kulturlandschaft und hat mehr zu bieten als als Skisport. An erster Stelle ist die frische und saubere Luft zu erwähnen und der Harz als ganzjähriges Wandergebiet.
Die Welterbestädte Goslar oder Quedlinburg sowie die Oberharzer Wasserwirtschaft sind lebendige Fenster in die Geschichte der Region. In der Region Harz gibt es das Nordharzer Städtebundtehater, das Theater Nordhausen oder das Deutsche Theater in Göttingen. Die vielfältige Museumslandschaft zeigt die kulturellen Schätze und Erfindungen der Region.
Mit Ideen und Kreativität könnte ein neuer Aufbruch für die Harzregion entstehen.
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